G'day!
Wenn die meisten von Australien hören, denken sie erst einmal an Sydney. Von Melbourne haben manche sogar noch nie etwas gehört. Dabei ist Melbourne wirklich die schönste der ganzen Hauptstädte in Australien. Kulturell und von der ganzen Atmosphäre kann Sydney ihr nicht das Wasser reichen, und das sagt wirklich fast jeder. Melbourne ist eben komplett anders. Kleine Gassen mit sehr viel Street Art und Graffiti, hunderte von kleinen Cafés und Restaurants, ein alter Stadtkern, alles bunt und multikulturell, viele Festivals und Straßenkünstler. Da wirkt die Stadt trotz ihrer Größe einfach lebendiger und irgendwie kleiner.
Als ich im Hostel ankam gab es erst einmal eine Art Kulturschock. Man muss dazusagen, ich kam ja erst frisch von der Farm, war vorher nur in den Blue Mountains und Tasmanien gewesen, wo eher die Leute sind, die gerne mal wandern gehen und die Natur erleben wollen. Jedenfalls öffnete ich die Tür von meinem Hostelzimmer und dachte erst mal nur: "Na ganz toll..." Auf dem Boden verteilt lagen nur schicke Klamotten, High Heels und leopardengemusterte Ballerinas. Ich weiß es sind alles nur blöde Vorurteile, aber ich dachte wirklich, das sind bestimmt so zickige Tussen. Vier Monate auf einer Farm verändern eben doch ein bisschen. Kleidung ist total egal, selbst in die Stadt geht es halt in Arbeitsklamotten, vor allem weil die Hälfte der Leute sowieso nur in Jeans, Stiefeln und Hemd rumläuft. Schminke braucht man keine, und selbst wenn man weg geht, kann man sich mehr oder weniger anziehen wie man will. Ich habe es noch nie erlebt, dass man von Australiern so von oben bis unten gemustert wird, wie das bei uns in Deutschland der Fall ist.
Naja, an meinem ersten Tag in Melbourne habe ich eine kostenlose Stadtführung (wie schon in Sydney) gemacht, die wieder sehr interessant war und mir auch viele Ideen gegeben hat, was man in den nächsten Tagen noch abklappern könnte.
Dennoch waren meine ersten Tage nicht wirklich entspannt, denn ich hatte ein Problem. Ich wollte eigentlich die Great Ocean Road abfahren, möglichst noch in derselben Woche, um nicht zu viel Zeit in Melbourne zu verlieren. In den Blue Mountains hatte ich Sabrina getroffen, mit der ich mir eigentlich ein Auto mieten wollte. Allerdings hat sie mir dann geschrieben, dass es wahrscheinlich nichts wird, weil sie noch einiges zu regeln hatte in der Stadt, was länger dauern könnte. Also stand ich alleine da. Okay, Notlösung wäre immer noch eine geführte 3-Tages-Tour gewesen, die aber leider zwischen 350 bis 400 Dollar gekostet hätte. Also habe ich eine Anzeige in Gumtree gesetzt: "Travelpartner gesucht" und war wirklich überrascht, wie viele sich doch schon darauf meldeten. Ich weiß nicht, wie viele seriös waren, ein Typ kam mir z.B. etwas spanisch vor, jedenfalls fiel meine Wahl dann auf Nicolas, einen Deutsch-Franzosen und Francesca eine Italienerin. Die ganze Planung des Trips hat dann aber ewig gedauert, ich glaube wir haben zwei Tage hin und her überlegt, bevor wir dann endlich ein Auto gemietet hatten. Sabrina ist dann kurzfristig doch noch mit eingestiegen, also waren wir zu viert.
Nachdem das geklärt war konnte ich auch Melbourne wieder genießen. Bin mit Sabrina zu Sonnenuntergang nach St. Kilda, einem Vorort gefahren, wo abends eine ganze Pinguinkolonie zurück an Land kommt. Wirklich sehr süß! Leider zu dunkel für wirklich gute Fotos, den Blitz durften wir logischerweise nicht anschalten.
Und zusammen waren wir noch in ein paar Cafés in der City, teilweise sehr schöne mit Dachterasse.
Bei einer kostenlosen Führung im Parlament von Victoria habe ich noch zwei andere deutsche Jungs kennen gelernt, mit denen ich dann den Tag unterwegs war und am nächsten Tag haben wir uns zusammen eine Parlamentssitzung dort angesehen (öffentlich zugänglich). Hätten wir besser nicht gemacht, bei dem, was wir dort erlebt haben, fällt es ja schwer noch an eine Demokratie zu glauben. In der Debatte ging es schlimmer zu, als im Kindergarten. Die Opposition stellte nur dieselben Fragen, der Premier hat nur Lobreden auf sich selbst gehalten und sich so gut es ging versucht zu verteidigen, sobald einer von der Regierung das Wort ergriffen hat, wurde wild durcheinander geredet, nicht mal die Speakerin (Moderatorin) konnte mehr verstehen, was gesagt wurde, also wurde die Debatte tausendmal unterbrochen und mindestens 5 Abgeordnete aus dem Saal geschickt von ihr, wegen respektlosen Benehmens. Um das eigentliche Thema der Sitzung wurde gar nicht mehr diskutiert. Da fiel es sehr schwer, nicht einfach aufzuspringen und den Witzfiguren zuzurufen, sie sollen doch ihre Klappe halten. Und so etwas ist verantwortlich für Millionen von Leuten. Nach einer dreiviertel Stunde haben wir es nicht mehr ausgehalten und sind gegangen, wie fast alle anderen Besucher auch.
Und dann war es endlich so weit, Donnerstagmorgen - Abfahrt in Richtung Adelaide. Wie schon erwähnt durfte ich natürlich leider nicht fahren, weil unter 21.
Landschaftlich ist die Great Ocean Road sehr schön. Am ersten Tag hatten wir leider nicht sehr viel Glück mit dem Wetter, sind aber durch süße Orte und an tollen Stränden vorbei gefahren. Ab und zu haben wir angehalten, schöne Fotos gemacht und abends waren wir noch gemütlich bei einem Gläschen Wein in einem sehr süßen, familiären Hostel in Apollo Bay beisammen gesessen. Leider gab es etwas Knatsch, weil Sabrina sich als Hauptfahrer eingetragen und ihre Kreditkartennummer angegeben hatte, Nicolas aber teilweise etwas über dem Speedlimit fuhr. Da wir nicht genau wussten, wie das mit Strafzetteln und so geklärt werden würde, war es verständlich das Sabrina etwas sauer war und eigentlich keine Lust mehr hatte für die anderen die Verantwortung zu tragen. Am nächsten Tag war die Stimmung leider nicht besser und hat etwas die wunderschöne Aussicht auf die Twelve Apostles (eine Felsformation an der Küste) getrübt. Immerhin haben wir aber auch das erste Mal wilde Koalas gesehen, sehr süß, leider etwas zu weit oben in den Bäumen. Abends hatten wir wieder ein tolles Hostel in Port Fairy, das einzige, das es da gibt und wir waren auch so ziemlich die einzigen Gäste.
Samstagmorgen konnten wir dann endlich unsere ganzen Probleme von wegen Auto und so klären und die Stimmung beruhigte sich wieder einigermaßen. Da war die Fahrt in den Grampiansnationalpark schon um einiges angenehmer. Zwischendurch stoppten wir noch an einem nicht mehr aktiven Vulkan, wo sich einiges an Wildlife herumtrieb (Emus, Wallabies, Kangaroos und ein Koala).
Dann nachmittags erreichten wir die Grampians, das ist eine Bergkette mitten im Flachland. Wunderschöne Aussicht und unberührte Natur. Aber bis wir ins Hostel einchecken konnten (die Uhren liefen dort etwas anders) war es leider zu spät für einen Bushwalk. Wir haben uns dann einen gemütlichen Abend mit Musik und heißen Getränken vor unserem elektrischen Ofen gemacht. Das Hostel war mit Abstand das beste bis jetzt. Wir hatten eigentlich ein Ferienhaus mit Küche, Bad und Wohnzimmer für uns alleine, da die restlichen Schlafzimmer dort nicht belegt waren. Wirklich angenehm, sich mal nicht mit Fremden Zimmer und Bad teilen zu müssen und sehr sauber war es noch dazu.
Morgens konnten wir dann durch die Zeitumstellung (gibt es auch hier in Australien, allerdings eine Stunde zurück, da hier ja die Winterzeit anfängt) eine Stunde länger schlafen und holten dann unsere Wanderung nach. Wir kletterten einen Berg hoch, zwischen Felsen und dem "Grand Canyon" hindurch, bis zur Spitze, wo wir eine atemberaubende Aussicht auf das Tal hatten.
Dann war es aber auch schon Mittag und wir mussten losfahren, denn abends wollten wir schon in Adelaide ankommen. Bis dahin waren es noch gut 500-600 km.
Die Fahrt kam uns aber gar nicht mehr so lange vor. Man gewöhnt sich halt doch an die Entfernungen, vor allem nach mehreren 10-bis-15-stündigen Overnightbusfahrten.
Unser Hostel für die Nacht hatten wir noch schnell einen Tag vorher gebucht, ziemlich das billigste in Adelaide. So sah es dann natürlich auch aus, aber was soll's, war ja sowieso nur für die eine Nacht. Montags haben wir dann gleich ausgecheckt, das Auto bei der Vermietung abgegeben und Sabrina und ich sind los, um ein neues Hostel zu suchen. Da haben sich unsere Wege getrennt, denn Nicolas und Francesca konnten bei Freunden unterkommen. Wir hatten aber relativ schnell ein sehr schönes, neues Hostel gefunden, das My Place Adelaide, in dem wir gerade immer noch sind.
Adelaide ist jetzt nicht die schönste Stadt und da sie viel kleiner ist als z.B. Melbourne und Sydney, gibt es auch nicht sehr viel zu sehen. Deswegen haben wir es hauptsächlich ruhig angehen lassen. Allerdings gab es gleich montags eine schöne Überraschung. Wir sind durch die Stadt gelaufen und auf einmal habe ich nur aus dem Augenwinkel an einem Café ein Schild gesehen: "Free Icecream and free coffee". Wir haben erst überrascht angehalten, nach dem Motto "nee, kann nicht sein. Wieso sollen die was verschenken?", dann aber gefragt und tatsächlich kostenloses Eis abgestaubt. Das Café war erst neu eröffnet und als Werbekampagne haben sie die erste Woche Eis verschenkt. Als Backpacker muss man so etwas natürlich sofort ausnutzen und so waren wir jetzt jeden Tag dort, haben unser Eis gefuttert, manchmal sogar mehrere Sorten probiert und Kaffee oder Schokolade geschlürft.
Und es ist auch noch sehr lecker.
Dann hatten wir gestern auch noch einen sehr schönen Tag mit einer gebuchten Weintour durch's Barossa Valley, das Hauptweinanbaugebiet von Australien, Weinproben bei vier Winzern mit inbegriffen. Als der kleine Bus vor unserem Hostel hielt, um uns abzuholen mussten wir erst einmal lachen. Altersdurchschnitt 60+. Es wurde aber keineswegs langweilig, sondern war sogar besser für uns, denn drei sehr nette Omis haben uns sofort ins Herz geschlossen und als wir in einem Ort Pause machten und in einem Süßigkeitenladen mit Wasser im Mund die Schokolade betrachteten, haben sie uns sogar welche gekauft. Da war der Tag schon gerettet. Solche freundlichen Gesten von eigentlich fremden Menschen treiben einem da beinahe das Wasser in die Augen. Die Weinproben waren sehr gut, in einer Winzerei hatten wir noch unser Mittagsessen - delicious! Besser als alles die ganzen letzten Wochen davor und das Klo erst, alles hat geblitzt und geglänzt, da waren wir hin und weg. Ein kanadisches Ehepaar hatte anscheinend auch Mitleid mit uns und sie teilten ihren gerade erst gekauften Wein mit uns. Bei der letzten Weinprobe schmeckten wir dann schon keinen Unterschied mehr.
Zurück in Adelaide holten wir uns wieder unser Eis ab und liefen todmüde zurück zum Hostel.
Achja und meine Weiterreise habe ich auch noch geplant diese Woche. Bei Peterpans habe ich meine Tour bis Darwin gebucht. Morgen abend geht es los, mit dem Overnightbus bis Coober Pedi, einer Opalmining Stadt, und dann weiter bis Alice Springs, das Rote Zentrum von Australien, wo auch der berühmte Uluru (Ayers Rock) ist. Ab dort habe ich eineTour mit Campen gebucht bis nach Darwin, der Hauptstadt des Northern Territory ganz im Norden am Indischen Ozean.
Das ist der Plan für die nächsten Wochen, es sind ja jetzt nur noch 8 bis ich heimkomme. Wie die Zeit vergeht. Mein Geld, das ich beim Arbeiten angespart habe, wird leider nicht reichen. Ich hätte 500 Dollar pro Woche zur Verfügung, allerdings sind diese ganzen Touren so überteuert, das ich schon die Hälfte von meinem Geld los bin.
Australien ist wirklich eines der teuersten, wenn nicht sogar das teuerste, Land auf der Welt.
Pech für Backpacker.
Durch den ganzen Mischmasch mit Sommerzeit und Winterzeit und die Ankunft in Adelaide beträgt die Zeitverschiebung jetzt übrigens nur noch 7 1/2 Stunden bis nach Deutschland.
Bis demnächst.
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