vor einer Woche war es wirklich soweit: mein letzter Arbeitstag und somit auch der Abschied von Andrew und der Familie und Scone.
Samstagmorgens bin ich mit dem Zug nach Sydney gefahren. Davor hatten wir Freitagabend noch ein Abschieds-Barbecue gemacht, zu dem auch Manuela, Marie und Anita (meine neue Kollegin) gekommen waren.
Der ganze Tag war überhaupt etwas seltsam. Bei allem, was ich getan oder gesehen habe, wusste ich, dass es das letzte Mal (vielleicht für immer) sein würde.
Morgens habe ich noch normal gearbeitet, den Nachmittag habe ich frei gekriegt und bin ein letztes Mal nach Scone in die Stadt gefahren.
Danach bin ich nochmal zum Stall gefahren, um Andrew ein paar Sachen zurück zu bringen. Dort hieß es dann auch Abschied von Bonnie, die ich wirklich vermissen werde. Ein allerletztes Mal die Landschaft eingeprägt, die letzten Fotos geschossen, ein Blick über die Schulter und zurück ging es nach Hause, denn die Gäste wollten schon bald kommen.
Ausreiten klappte an diesem Tag leider nicht mehr, glücklicherweise hatte ich aber Mittwochs schon den schönsten Ausritt bis dahin gemacht gehabt.
Zurück im Haus hatte ich noch eine viertel Stunde, um meine dürftigen Sachen in den Rucksack zu packen. Meine Boots (Stiefel) wanderten nach fünf Monaten täglichem Gebrauch zusammen mit den Jeans in den Müll. Insgesamt hatte ich drei Hosen verarbeitet (zerissen) bei meinem Job. Auch die Boots waren die letzten zwei Wochen nur von Klebeband zusammengehalten worden und ich hatte täglich nasse Füße.
Lizzie knipste noch ein paar Abschiedsfotos mit den Kids, die das alles leider (oder doch glücklicherweise) noch nicht alles verstanden haben. Dann kamen auch schon Anita, Manu und Marie und das Essen war fertig. Es war ein sehr schöner letzter Abend.
Als die Gäste weg waren, hatte ich endlich Gelegenheit Lizzie und Andrew mein Abschiedsgeschenk zu überreichen (die Kleinen hatten vorher schon ein Gutenachtbuch und ein Oberteil bekommen und waren längst im Bett).
Das war dann wohl der emotionale Höhepunkt, bei dem sogar Lizzie die Tränen gekommen sind und mir auch ein bisschen. Ich habe ihnen eine Dankeskarte mit Wein und einem Australienführer geschenkt, worüber sie sich sehr gefreut haben. Andrew hat mich noch gelobt und gemeint, er wäre sehr zufrieden gewesen und würde mich jederzeit wieder einstellen. Das soll jetzt nicht arrogant oder angeberisch klingen, aber natürlich war ich schon stolz darüber, da es ja sozusagen mein erster richtiger Job war und ich anfangs auch noch nicht über so viel Erfahrung verfügte.
Jedenfalls stand ich dann auf der Schwelle zwischen Lachen und Weinen, weil ich mir einfach noch nicht vorstellen konnte und wollte wieder weiterzureisen.
Der Abend war auf jeden Fall weitaus trauriger, als der Abschied von daheim. Da war es einfach nur eine kurze Umarmung am Flughafen und ab durch die Passkontrolle. Aber gut, wer weiß auch, wann oder ob ich wieder nach Scone kommen werde.
Die fast fünf Monate waren definitiv meine beste Erfahrung in Australien und ich bin mir nicht sicher, ob das Reisen das noch toppen kann, weil ich einfach das richtige Australien kennen gelernt habe. Den alten zu Job zu kündigen war wahrscheinlich meine beste Entscheidung überhaupt und ich bin so froh, dass ich die Möglichkeit hatte nach Scone zu kommen. In der "kurzen" Zeit habe ich so viel gelernt, wie lange nicht mehr, nicht nur über Australien, auch über mich selbst und teilweise eine andere Sichtweise auf Dinge gewonnen. Deshalb kann ich jedem nur empfehlen auch so etwas ähnliches zu machen. Es lohnt sich so viel mehr, wenn man längere Zeit an einem Ort bleibt und mit Australiern lebt. Als Backpacker sehen wir im Endeffekt ja doch nur das touristische Australien und haben kaum Kontakt zu Australiern. Alleine in den letzten Tagen habe ich zum Beispiel schon wieder mehr Deutsch geredet, als die kompletten Monate davor, leider.
Natürlich bleibt immer das Risiko anzugehen, wie man an meinem ersten Job gesehen hat, aber dieses Risiko lohnt es sich einzugehen, denn hat man dann wirklich Glück mit Familie, Leuten und Job ist das die beste Erfahrung, die man sammeln kann.
Scone ist ein zweites Zuhause für mich geworden und ich hoffe wieder irgendwann dorthin zurückgehen zu können.
So sehe ich jetzt schon etwas wehmütig zurück, auch wenn meine Reise erst angefangen hat, und da hilft es auch nicht gerade, wenn Lizzie mir schreibt, dass der kleine Josh dauernd fragen würde, wann ich wieder komme. Ich würde ja gerne sagen, bald, aber leider weiß ich das nicht.
Naja, Samstagmorgens habe ich nur noch Andrew gesehen, weil ich schon um 6 Uhr zum Bahnhof musste. Eine kurze Umarmung und dann ging es auf meiner letzten Fahrt mit dem kleinen Ford nach Scone. Das Auto werde ich auch vermissen, es war doch sehr schön, einfach loszufahren, wann immer ich Lust hatte und wohin ich wollte. Den Luxus werde ich jetzt nicht mehr haben.
Die Zugfahrt nach Sydney war etwas chaotisch. Es fing an, dass ich komplett schwarz bis Sydney fahren musste, weil es in Scone weder Schalter noch Ticketautomaten gibt und auch beim Umsteigen konnte ich mir kein Ticket ziehen, weil mein Zug eine viertel Stunde Verspätung hatte und der nächste schon am Abfahren war. Der blieb dann auf halber Strecke liegen, alle Fahrgäste wurden auf Busse umverfrachtet bis zum nächsten Bahnhof und da ging es dann wieder mit dem Zug weiter. Auch in Sydney gingen teilweise die Züge wegen Bauarbeiten nicht und wurden durch Busse ersetzt. Als ich schließlich mein Hostel (Eva's Backpackers) in Kings Cross gefunden hatte, war ich froh ein weiteres bekanntes Gesicht zu sehen. Daniel (aus meinem Jahrgang) wohnte auch dort und wir machten uns dann zusammen Abendessen. Achja, kleine Anmerkung zu Kings Cross: das Viertel ist eine Mischung aus der Gegend um den Picadilly Circus in London und Montmartre in Paris. Stripclubs neben Straßencafés, Prostituierte in den Gasse, aber auch gute Bars zum Weggehen. Mein Hostel war glücklicherweise etwas abseits vom Rotlichtmilieu. Und einen tollen Blick auf die City gab es von der Dachterasse auch.
Das Hostel ist wirklich zu empfehlen, sehr sauber und vor allem nicht so groß, dafür familiärer, sodass man viel eher mit den Leuten in Kontakt kommt.
Sonntags waren Daniel und ich mit noch einem Mädel dann bei der St. Patrick's Day Parade, die eigentlich einen Tag zu früh stattfand. Die ganzen Straßen waren voll mit "grünen Menschen", es wurde ordentlich gefeiert und getrunken, doch die Parade an sich war jetzt nicht gerade so besonders, vor allem weil es auch noch richtig anfing zu schütten.
Montag bin ich dann weitergefahren in die Blue Mountains, die mir sehr gefallen haben. Wunderschöne Landschaft, Berge und Regenwald und auch Katoomba, die kleine Stadt in der mein Hostel (Blue Mountains Backpacker Hostel) war, ist total süß, mit Cafés, Restaurants und Pubs aneinandergereiht. Die Gegend ist sehr schön für Wanderfreunde, es gibt Bushwalks und auch anspruchsvollere Strecken ohne Ende und dabei noch viele Sehenswürdigkeiten und wunderschöne Natur. Vielleicht erinnern sich auch noch die ein oder anderen von euch: "War das nicht in den Nachrichten wegen den Waldbränden?" Ja genau, vor etwa einem halben Jahr waren hier die schlimmsten Buschfeuer Australiens seit Jahren gewesen. Allerdings nicht in Katoomba, hier war glücklicherweise nichts abgebrandt.
Jedenfalls gibt es genug zu sehen in der Gegend.
Ich bin abends gleich mit der Engländerin aus meinem Zimmer zu den "Three Sisters" gelaufen, wo wir uns den Sonnenuntergang angeschaut haben. Das ist eine Felsformation vor einer atemberaubenden Schlucht. Das ganze ähnelt etwas dem Grand Canyon, nur dass es eben von Regenwald bewachsen wird.
An dem zweiten Bild kann man auch erkennen, wie die Blue Mountains zu ihrem Namen gekommen sind. Der ganze Wald besteht aus Eukalyptusbäumen, von denen ständig Öl verdampft. Dieser Dunst, der dann über dem Tal hängt, wirkt blau.
Jedenfalls hat mir die Aussicht so gut gefallen, dass ich gleich am nächsten Morgen mit zwei deutschen Mädels (auch aus meinem Zimmer) noch einmal zum Sonnenaufgang dort hin bin. Der war mindestens genauso schön (ich hatte ja auch schon an anderer Stelle erwähnt, dass mir Sonnenaufgänge mittlerweile besser gefallen).
Zurück im Hostel gab es erst einmal Frühstück. Ich musste jetzt (leider) umsteigen auf Porridgeeinheitsfraß mit etwas Obst jeden Morgen, ist einfach die billigste Variante. Vor allem am Essen kann man halt doch einiges einsparen.
Mittags sind wir dann wieder zu dritt an dem Steilhang entlanggelaufen bis zu einem kleinen Wasserfall. Auf dem Weg kamen uns Horden von Asiaten und anderen Touristen entgegen, die machen hier genauso ihre Gruppentours wie zum Beispiel bei uns in Heidelberg.
Die "Katoomba Cascades" waren nicht sehr groß, aber doch ganz schön und idyllisch.
Mittwochs ging es dann richtig wandern. Zwar waren es nur circa dreieinhalb Stunden, aber die hatten es in sich. Der Bushwalk fing bei den "Three Sisters" an, den "Giant Stairway" hinunter, eine schmale in den Fels gehauene Treppe, die sich die Steilwand hinunterschlängelt. Auf jeden Fall nichts für Leute mit Höhenangst, die ganze Zeit konnte man bis zum Grund schauen, wo einen der Regenwald erwartete, ein falscher Tritt...Immerhin gab es die meiste Zeit ein Geländer. Wenn einem Leute entgegenkamen wurde es etwas schwierig, da kaum Platz zum Ausweichen war. Allerdings waren schon nach einem guten Viertel der Strecke sämtliche Tagestouristen verschwunden und nur noch die richtigen Wanderer wagten sich hoch oder runter.
Nach einer halben Stunde wurde man dann unten angekommen vom Regenwald verschluckt. Zwischen riesigen Gumtrees und meterhohen Farnen schlängelte sich der Pfad entlang und die ganze Zeit ragte noch rechts die steile Felswand auf.
Nicht mehr ganz so begeistert war ich aber, als ich dann nach einer weiteren Stunde wandern feststellte, dass ich wieder eine Treppe nach oben musste. Die beiden anderen Mädels aus meinem Zimmer hatten davon nichts erwähnt, nachdem sie die Tour gemacht hatten und ich war davon ausgegangen, dass der Weg einfach langsam nach oben führt. Also quälte ich mich nochmal eine ganze dreiviertel Stunde Treppenstufen nach oben und wurde immerhin ab und zu mit einer sehr schönen Aussicht belohnt. Völlig aus der Puste, mit brennenden Waden und Oberschenkeln kam ich schließlich oben an. Allerdings war das noch nicht das Ende der Tour. Zurück in die Stadt konnte ich mich noch einen weiteren Berg hochquälen und war froh, als ich endlich im Hostel war. Dort erfuhr ich dann, dass man die ganzen Treppen eigentlich gar nicht wieder hoch muss, die Mädels hatten nämlich eine Seilbahn von unten genommen. Ich hatte anscheinend irgendwo eine Abzweigung verpasst, denn von einer Seilbahn hatte ich nirgends etwas gesehen. Naja, die drei Stunden wandern waren anstrengender gewesen als eine Tagestour, aber etwas Bewegung schadet ja nichts und der Muskelkater am nächsten Tag hielt sich auch in Grenzen.
Abends bin ich dann nur noch ins Bett gefallen, außerdem musste ich am nächsten Tag auch schon wieder früh raus. Denn ich hatte eine Tour für die Jenolan Caves gebucht, das sind Tropfsteinhöhlen circa eineinhalb Stunden von Katoomba.
Zwei andere aus dem Hostel waren auch noch dabei. Alleine die Busfahrt war schon aufregend genug, zumindest wenn jemand Höhenangst hatte, die Straße zu den Höhlen schlängelte sich nämlich einen Berg hinunter wie ein Pass in den Alpen. Einspurig, Nadelöhrkurven, links der Abgrund und nicht einmal eine richtige Leitplanke und wir saßen in einem normalen Reisebus. Wenn uns ein Auto entgegenkam, hatte es gelitten, dann hieß es für die Leute rückwärts fahren bis zur nächsten Ausweichmöglichkeit. Immerhin kamen wir heil unten an. Die Höhlen waren dann klasse. Wir hatten je eine Führung in zwei verschiedenen Höhlen, die wunderschön waren. Ein bisschen beklemmend wurde es allerdings, als unser Guide plötzlich alles Licht löschte und wir im kompletten Dunkel standen. Ich glaube, ich war vorher noch nie irgendwo gewesen, wo wirklich gar kein Licht war. Interessant war auch die Geschichte der Höhlen, dass sie zum Beispiel schon im 19. Jahrhundert Touristenattraktionen für reiche Leute waren. Damals fanden die Touren allerdings nur mit Kerzenlicht und völlig primitiver Ausrüstung statt. So faszinierend sie auch waren, irgendwie war ich doch froh, als wir wieder in der Sonne standen. Dort unten war es bestimmt zehn Grad kühler gewesen.
Das war auch schon der letzte Tag in den Blue Mountains. Wie schon so oft hätte ich auch hier noch viel mehr Zeit zubringen können, aber es gibt ja noch so viel anderes zu sehen.
Zurück im Hostel habe ich noch Klamotten gewaschen. Als ich meine Sachen dann aus dem Trockner holen wollte, musste ich feststellen, dass sie schon jemand anders rausgetan und einfach auf die Waschmaschinen geschmissen hatte. Meine Socken konnte ich dann aus dem Staub auflesen, da sie teilweise in den Spalt zwischen den Maschinen gefallen waren und als ich dann nochmal meine Klamotten durchsah, fehlte ein T-Shirt. Na toll und auch noch gerade das, das ich mir zwei Wochen vorher erst gekauft hatte. Natürlich habe ich mich erst mal aufgeregt und rumgefragt, wer nach mir im Waschraum war. Und tatsächlich, eine Französin fand dann glücklicherweise mein T-Shirt in ihren Sachen. So hatte ich immerhin wieder alles außer einer Socke zusammen.
Am nächsten Morgen ging es zurück nach Sydney, noch einmal eine Nacht in das Hostel, wo auch Daniel war. Gegen Abend habe wir eine kostenlose Tour durch die "Rocks" mitgemacht. Das ist das alte Viertel Sydneys, wo die ersten Sträflinge ankamen und lebten. Die Tour war sehr interessant, mit vielen lustigen Anekdoten und Daniel und ich waren begeistert von der Idee mit den "Free Tours". Man muss nichts bezahlen, aber ein Trinkgeld ist nach der Führung willkommen und so kann jeder so viel Geld geben wie er für angemessen hält. Es ist also besonders praktisch für Backpacker, die kein Geld haben. Und die Guides verdienen trotzdem gut bei jeder Führung, vor allem, da meistens ganz schön Andrang herrscht.
Abends saß dann noch das halbe Hostel gemütlich zusammen auf der Dachterasse des Hostels und nachdem diese dann geschlossen wurde bin ich mit noch ein paar anderen in einen Club in Kings Cross gegangen. Den Preisen nach zu urteilen (10 Dollar für ein Bier, von Wein und anderen Drinks gar nicht zu reden) war der "Goldfish" ein besserer Club, aber irgendwie sind wir an dem Abend ohne Eintritt reingekommen und haben da noch einige schöne Stunden zugebracht.
Am nächsten Morgen musste ich allerdings früh raus zum Auschecken, bis zehn Uhr muss man aus dem Zimmer raus sein. Ich hatte noch einen halben Tag bis zu meinem Overnightbus nach Melbourne, von wo ich dann einen Flug nach Hobart, Tasmanien gebucht hatte. Also bin ich morgens noch mit einer Schweizerin und einer anderen Deutschen nach Paddington gelaufen, wo am Wochenende ein bekannter Markt ist. Wir hätten fast an jedem Stand etwas kaufen können, die meisten boten Klamotten und Schmuck an, aber es war wirklich gute Ware und meistens Handgemacht. Die Preise waren natürlich auch dementsprechend teuer und so blieb es dann doch nur beim "Anschauen".
Um halb vier saß ich dann im Bus nach Melbourne und kam nach 15-einhalb Stunden ohne Schlaf morgens um sieben dort an. Doch es ging gleich weiter mit dem Skybus zum Flughafen, wo ich mich erstaunlich gut zurecht fand (nicht zu vergleichen mit Frankfurt) und irgendwann landete ich dann endlich in Hobart, wo der Flughafen von der Größe an das Waldhorn erinnert, zugegeben, das ist vielleicht etwas übertrieben, aber er ist wirklich winzig. Und nun bin ich seit Sonntag in Tasmanien, aber mehr dazu im nächsten Post.
See ya.